2. Der Aufbau, der RKFDV-Dienststelle in Marburg

Am 17. April 1941 - einen Tag vor der jugoslawischen Kapitulation - arbeitete die Stabsstelle des RKFDV einen "Vorschlag über die Ansetzung von Umsiedlern in den neuen Südostgebieten" aus (4). Darin war bereits vorgesehen, daß 130 000 Slowenen "evakuiert werden". An ihrer Stelle sollten 58 000 Volksdeutsche angesiedelt werden; unter diesen befanden sich aber noch nicht die Gottscheer.

Doch am 20. April 1941 teilte HIMMLER dann den Gottscheern mit, sie hätten sich künftig als geschlossene Volksgruppe an der Südostgrenze des Deutschen Reiches als Wehrbauern zu bewähren. Mit der endgültigen Entscheidung über das Ansiedlungsgebiet der Gottscheer war man auch in der Umsiedlungsfrage einen wichtigen Schritt weiter gekommen. Die Kompetenzen für diesen neuen Wirkungsbereich des RKFDV hatte ebenfalls HITLER persönlich umrissen. Noch während der Kampfhandlungen - am 14. April 1941 - hatte er intern angeordnet:

"Nach meinem Erlaß vom 14. April 1941 erhalten die Chefs der Zivilverwaltung in den besetzten, ehemals österreichischen Gebieten der Untersteiermark, Kärntens und der Krain Weisungen ausschließlich von mir. Soweit es sich um die Festigung deutschen Volkstums in diesen Gebieten handelt, gilt mein Erlaß zur Festigung deutschen Volkstums vom 7. Oktober 1939. Eine Veröffentlichung dieser Anordnung hat zu unterbleiben." (5)

Am 2. Mai 1941 verbreitete die RKFDV-Stabsstelle SS-intern diesen Erlaß und führte gleichzeitig dazu aus:

"Der Reichsführer-SS hat die Chefs der Zivilverwaltungen in Steiermark und Kärnten, Gauleiter Dr. Uiberreither und stellvertretenden Gauleiter Kutschera, zu Beauftragten des RKFDV ernannt. Bei den Beauftragten des RKFDV in Steiermark und Kärnten wurde je eine ,Dienststelle des RKFDV` mit dem Sitz in Marburg und in Klagenfurt errichtet." (6)

Chef der Zivilverwaltung und Gauleiter UIBERREITHER fungierte in der Untersteiermark als Beauftragter des RKFDV. Er betraute daher einen Mann seiner Wahl, SA-Standartenführer SEFTSCHNIGG, mit dem Aufbau der RKFDV-Dienststelle in Marburg, die für die Ansiedlung der Gottscheer zuständig sein sollte. Zwei Ereignisse jedoch - die sogenannte SD-Konferenz vom 6. Mai 1941 in Marburg, auf der die Aussiedlung von 220 000 bis 260 000 Slowenen beschlossen wurde, und die Notwendigkeit einer baldigen Umsiedlung der Gottscheer aus italienischem Hoheitsgebiet des ehemaligen Slowenien als der vorerst wichtigsten Ansiedlergruppe - ließen die Bedeutung dieser Dienststelle so steigen, daß sie bereits Ende Mai 1941 im Sinne der RKFDV-Stabsstelle reorganisiert wurde.

Am 26. Mai 1941 traf ein RKFDV-Experte dort ein. "Die Tätigkeit richtete sich auftragsgemäß auf den Ausbau der Dienststelle, insbesondere die Einführung des Stabsleiters, Festlegung eines Organisationsplanes und vertretungsweise Ausübung der Tätigkeit eines Stabsleiters. Es wurde dementsprechend ein Organisationsplan und eine Regelung des Schriftverkehrs festgelegt, Verbindung zu den anderen Dienststellen aufgenommen und in verschiedenen Einzelfragen mit der praktischen Arbeit begonnen." (7)

Damit war das umfangreiche Arbeitsprogramm abgesteckt, wobei das Ziel war, dem Stabsleiter durch die Koordinierung der gesamten politischen Grundsatzarbeit die zentrale Position zu verschaffen. Welchen Umfang sein künftiges Aufgabengebiet nehmen sollte, geht allein aus der Tatsache hervor, daß dem Stabsleiter unmittelbar sieben Referate nach dem neuen Organisationsschema unterstellt wurden.

Bei einem Vergleich der Organisationspläne vom 15. Mai 1941 - ausgearbeitet vom Gau - und vom 17. Juni 1941 - ausgearbeitet vom SS-Sachbearbeiter - kristallisiert sich sogleich die starke Stellung des Stabsleiters im Organisationsplan vom 17. Juni 1941 heraus. ".. . alle Erklärungen, die Auswirkungen auf volkspolitischem Gebiet
haben können, sind unbeschadet der sonstigen Gegenzeichnungen dem Stabsleiter zur Gegenzeichnung vorzulegen."

Und: ".. . dem Dienststellenleiter über den Stabsleiter ist ferner der gesamte Schriftverkehr mit dem Gauleiter und dem Stabshauptamt vorzulegen." (8)

Damit hatte die RKFDV -Stabsstelle erreicht,
1. daß der Stabsleiter in allen grundsätzlichen Fragen politischer Art entscheiden und den Schriftverkehr mit dem Gauleiter kontrollieren konnte;
2. daß die Verbindungen zwischen der Zentrale in Berlin und der RKFDV-Dienststelle in Marburg gestrafft wurden;
3. "daß die Stellung des vom Chef der Zivilverwaltung eingesetzten Dienststellenleiters vorwiegend dekorativer Natur blieb und daß die eigentliche Führung in den Händen des Stabsführers lag." (9)

Am 20. Juni 1941 trat der neue Organisationsplan in Kraft (10).

Die Umsiedlung der Gottscheer Deutschen, Hans Hermann Frensing, 1970

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Anmerkungen :

4  Vermerk der Hauptabteilung I, Berlin, 17. 4. 1941, Betr.: Umsiedlung Untersteiermark und Krain; DC, Box 321, Felder 910a, Handakte SS-Obersturmbannführer Dr. STIER (im folgenden Handakte Dr. STIER).

5
  Vorgang: "Einsetzung der Chefs der Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten der Untersteiermark, Kärnten und der Krain", vom 2. 5. 41 (Abschrift); BA R 49/851; Dienststelle des Beauftragten des RKFDV-Marburg/Drau, Lagebericht für die Zeit vom 14. 4. 1941 bis 1. 10. 1941; im Besitz d. Verf.

6
 ebda.

7  
Vermerk des Dr. STIER vom 17. 6. 1941, Betr.: Tätigkeitsbericht bei der Dienststelle des Beauftragten des RKFDV in Marburg vom 26. 5. bis zum 14. 6. 41; Handakte Dr. STIER.

8  
ebda.

9  Niederschrift Dr. STIER, Antwort 5; im Bes. d. Verfassers.

10  
Lagebericht für die Zeit vom 14. 4. 1941 bis 1. 10. 1941 der Dienststelle des Beauftragten des RKFDV-Marburg/Drau, im Besitz d. Verf.

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